Beschlüsse der Bundesregierung „10 Punkte für den Wirtschaftsstandort Deutschland”

Die Bundesregierung ist gestern und heute zur Kabinettsklausur in Meseberg zusammenkommen. Der Bundeskanzler, der Wirtschafts- und der Finanzminister haben dabei einen 10-Punkte-Plan für den Wirtschaftsstandort Deutschland vorgestellt.

Bundespolitik
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Die Bundesregierung greift in ihrem 10-Punkte-Papier zahlreiche Handlungsfelder auf, auf denen der ZDH in jüngster Vergangenheit immer wieder politische Maßnahmen eingefordert hat. Angefangen von der Stärkung von Zukunftsinvestitionen über die Fachkräftesicherung, eine bezahlbare Energieversorgung, den Abbau von Bürolasten, mehr Digitalisierung bis hin zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Auch soll eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt werden, für die sich das Handwerk eingesetzt hat. Dazu gehören die angekündigte Prämie für Investitionen in die Energieeffizienz ebenso wie die Erhöhung der Grenzen für die Sofortabschreibung bei geringwertigen Wirtschaftsgütern und die Sonderabschreibung im Rahmen des § 7g EstG.

Nachfolgend erhaltend Sie eine handwerkspolitische Bewertung von zentralen Ergebnissen der Klausur:

Der Beschluss der Bundesregierung über ein Wachstumschancengesetz sieht steuerliche und bürokratische Entlastungen von jährlich 7 Mrd. Euro vor.
Der ZDH weist seit Jahren darauf hin, dass das deutsche Unternehmensteuerrecht international nicht mehr konkurrenzfähig ist und dringend reformiert werden muss. Insbesondere vor dem Hintergrund der stagnierenden Wirtschaft drängen wir auf steuerliche Investitionsimpulse.
Das Gesetz greift mehrere Forderungen des ZDH auf. Die besonders relevanten Punkte sind:

• Einführung einer Investitionsprämie zur Beförderung der Transformation der Wirtschaft in Richtung von insbesondere mehr Klimaschutz,
• befristete Wiedereinführung der degressiven Absetzung für Abnutzung (AfA) für bewegliche Wirtschaftsgüter,
• Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung,
• eine Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs,
• Anhebung der Grenze für die Buchführungspflicht und der Grenze für die umsatzsteuerliche Ist-Besteuerung (Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten),
• Anhebung der GWG-Grenze auf 1.000 Euro und
• Verbesserung der Sonderabschreibung nach § 7g EStG für mehr Liquidität bei kleinen und mittleren Unternehmen.

Ferner wird die Einführung der elektronischen Rechnung für umsatzsteuerliche Zwecke geregelt.

Gegenüber den ursprünglichen Plänen wurde zusätzlich eine befristete degressive AfA für Wohngebäude eingeführt. Damit hat die Regierung auf unser Drängen zu Impulsen für die Bauwirtschaft reagiert. Zur Stabilisierung der Baubranche wird dies alleine jedoch nicht ausreichen. Weitere Maßnahmen sind dringend erforderlich, um den Schlüsselbereich durch eine schwierige Phase zu bringen.
Bedauerlich ist, dass die im Referentenentwurf angekündigte Reform der Thesaurierungs-begünstigung (§ 34a EStG) weitgehend wieder zurückgenommen wird.

Das Wachstumschancengesetz ist ein Schritt in die richtige Richtung. Angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung ist das Entlastungsvolumen jedoch bei weitem nicht ausreichend. Fragen der Energiebesteuerung werden nicht adressiert. Zudem muss der Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren noch deutlich praxis- und mittelstandstauglicher ausgestaltet werden.


Die Bundesregierung adressiert in ihrem Plan Felder, die für eine sichere und bezahlbare Energieversorgung entscheidend sind. Dazu zählen der Aufbau der notwendigen Energieinfrastruktur, Marktdesign, Steuern und Abgaben, technologische Optionen sowie Anreize und Ausgestaltung von Förderinstrumenten.

Hier müssen nun Taten folgen: Die Betriebe benötigen verlässliche Rahmenbedingungen, Planungssicherheit sowie eine wettbewerbsfähige, sichere und nachhaltige Energieversorgung. Es braucht ein energiepolitisches Gesamtkonzept. Die wichtigsten Handlungsfelder stellt das ZDH-Leitlinienpapier zur Energiepolitischen Positionierung vor, welches Sie mit gesondertem Rundschreiben erhalten.

Die jüngsten Vorschläge zum Industriestrompreis bzw. Transformationsstrompreis (siehe ZDH-Rundschreiben vom 28. August 2023) finden keinen Eingang in das 10-Punkte-Papier. Unsere gemeinsamen Aktivitäten haben an dieser Stelle zunächst Früchte getragen. Dennoch dürfen wir auf allen Ebenen nicht lockerlassen, denn die in diesem Plan formulierten Eckpunkte könnten dennoch eine entsprechende Preissubvention zulassen.


Mit seinen Eckpunkten für ein Bürokratieentlastungsgesetz legt das Bundeskabinett erstmals konkrete Vorschläge vor. Darunter befinden sich mit der Verkürzung der Aufbewahrungsfristen und insbesondere mit der Überprüfung von Informations- und Dokumentationspflichten seit langem vom Handwerk geforderte Maßnahmen. Der ZDH hat mit Blick auf die systematische Überprüfung von Berichtspflichten gemeinsam mit Handwerkerinnen und Handwerkern und dem BMWK einen ersten Pilotierungsworkshop durchgeführt und unterstützt dieses Projekt. Die praxisnahe Initiative darf sich jedoch nicht auf das BMWK beschränken, sondern muss sich insbesondere auf die Ressorts der belastungsintensiven Bereiche Arbeit, Soziales, Umwelt und Finanzen erstrecken.

Weitere Ankündigungen wie etwa die stärkere Einbindung betroffener Kreise in Form von Praxis-Checks oder die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren durch Standardisierungen von Prüfanforderungen und Erleichterungen bei der Umweltverträglichkeitsprüfung stellen richtige Schritte dar. Sie gehen ebenfalls auf konkrete Hinweise und Vorschläge des Handwerks zurück.

Insgesamt sind die Eckpunkte jedoch deutlich zu wenig auf die Belastungssituation der Wirtschaft ausgerichtet, bieten erheblichen Ergänzungsspielraum und sind in dieser Form erkennbar nicht geeignet, spürbare Entlastungseffekte für Handwerksbetriebe zu erzielen. Sowohl die Verbändeumfrage des BMJ als auch die darüberhinausgehenden Vorschläge des Handwerks zeigen die Bandbreite an Entlastungsmöglichkeiten.

Das Bundeskabinett hat über das Eckpunktepapier hinaus beschlossen, die Einführung neuer Bürokratie stärker zu vermeiden sowie gemeinsam mit Frankreich für Entlastung und bessere Rechtsetzung in Europa einzutreten. Dies sind wichtige Ansätze. Insbesondere die europäische Initiative ist zentral, da zahlreiche gesetzliche Anforderungen für Handwerksbetriebe europäischen Vorgaben entspringen.


Die Ankündigung, die Verwaltungsdigitalisierung voranzubringen, entspricht dem bereits vorgelegten Gesetzentwurf für ein OZG-Nachfolgegesetz und wurde von der Bundesregierung bereits mehrfach geäußert, ohne das nennenswerte Fortschritte erzielt wurden. Die Umsetzung des OZG kommt nur schleppend voran und stellt auch Handwerkskammern bei der Digitalisierung ihrer Verwaltungsleistungen wegen der zögerlichen Haltung des Bundes vor rechtliche und finanzielle Unsicherheiten. Auch hier müssen den richtigen Ankündigungen Taten folgen.


Im Bereich „Zukunftsstrategie Forschung“ kann die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation (DATI) mehr innovationsorientierte Netzwerke in den Regionen anstoßen. Zwingend erforderlich dafür ist von Beginn an der Einbezug der vorhandenen Innovationsnetzwerke des Handwerks durch die weit bundesweit mehr als 100 Beauftragten für Innovation und Technologie (BITs) und die auf Digitalisierung spezialisierten DIGI-BITs.


Mit der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung macht die Bundesregierung einen Schritt in die richtige Richtung. Allerdings muss sich die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung nicht nur in ideeller Form widerspiegeln, sondern auch durch eine entsprechende Mitfinanzierung umgesetzt werden. Insbesondere sind mehr Mittel für die Modernisierung und den Neubau von beruflichen Bildungsstätten als auch für die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung bereitzustellen. Eine rechtliche Verankerung der Gleichwertigkeit im Rahmen eines Gesetzes zum Deutschen Qualifikationsrahmen sollte zeitnah angestoßen werden.
Darüber hinaus muss auch die Berufsorientierung insbesondere an Gymnasien gestärkt und bestehende Lerndefizite in den Grundkompetenzen bei Schulabsolventen und Schulabsolventinnen behoben werden.

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Quelle: ZDH