„Handwerk live“ lautet der neue Titel der jährlichen Handwerksmesse in Leipzig – und der Name war Programm. Wer Handwerk erleben wollte, wer Handwerksprodukte sehen oder erwerben wollte und wer sich über handwerkliche Dienstleistungen informieren wollte, der fand vor Ort sicher den passenden Stand.
Auch die Handwerksammer Halle präsentierte sich mit ihrem Schoolworker, Ausbildungsberatern, den Projekten Bildungsketten, Zukunftszentrum Digitale Arbeit Sachsen-Anhalt und Passgenaue Besetzung sowie – traditionell gemeinsamen mit der Handwerkskammer Magdeburg – mit einem Kreativstand. Dieser wurde durch die Investitions- und Marketinggesellschaft des Landes Sachsen-Anhalt gefördert. Dort stellten Mitgliedsbetriebe ihre Produkte und Dienstleistungen vor und zeigten, wie diese entstehen. In diesem Jahr für Handwerkskammer Halle mit dabei: Fotografin Jana Conrad aus Mücheln, Modistin Julia Gröger aus Halle, Tischlermeister und Restaurator Peter Hohmann aus Bernburg und Drechsler Günter Rose aus Langenweddingen bei Sülzetal.
Peter Hohmann ist seit vielen Jahren jedes Jahr auf der Messe dabei. Der Tischlermeister präsentierte sein Garderobensystem, das er nach Kundenwünschen individuell anfertigt. Aber der Bernburger ist auch Restaurator und Gestalter im Handwerk und zeigte am Stand, wie alte Möbel in neuem Glanz erstrahlen können. „Ich gebe auch Kurse“, berichtete er. Und er freue sich, wenn Menschen glücklich mit ihren restaurierten Möbeln sind, die ja oft mit Erinnerungen verbunden seien.
Julia Gröger war zum zweiten Mal Ausstellerin am Kreativstand der Handwerkskammer. Und kreativ ist die Modistin. Auf der Messe zeigte sie ihre modischen Kreationen – Hüte, Haarbänder, Accessoires. Alles bunt und jedes Stück ein Unikat. Doch Julia Gröger kann noch viel mehr, ist durch und durch eine kreative und ideenreiche Frau. Ich male Möbel an, ich male aber auch Aquarelle. Gerade mache ich auch meine eigene Musik. Sie habe bestimmte Phasen, die sich abwechseln – kreative Schübe. Sie hat ihr Hobby zu Beruf gemacht. Thematisch dreht sich dabei fast alles um Blumen. „Ich liebe alles, was schön ist. Schönheit rettet die Welt und ohne Schönheit geht gar nichts. Man kann Schönheit selbst schaffen oder woanders bewundern“.
Podiumsdiskussion zum Fachkräftemangel
Im Rahmen des Handwerksforums Ost kamen auf der „handwerk live“ die Wirtschaftsstaatssekretäre und Hauptgeschäftsführer der Ostdeutschen Handwerkskammern zusammen. Es folgte eine Podiumsdiskussion zum Thema Fachkräftemangel. In Vertretung von Vizekanzler Robert Habeck hielt Bernhard Kluttig, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz einen einleitend einen Impulsvertrag. Darin widmete er sich den Themen Fachkräftemangel, Bürokratie und Energiekosten. Er berichtete, dass das Fachkräfteeinwanderungsgesetz durch stetige Digitalisierung immer effizienter werde.
Junge Menschen müssen wissen, ich muss für meine Träume hart arbeiten.
Sven Schulze, Wirtschaftsminister Sachsen-Anhalts
In der Diskussionsrunde verwies Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze auf die Einführung von Praktikumsprämie, Meisterbonus und Meistergründungsprämie als Unterstützung für das Handwerk und forderte mehr Engagement: „Junge Menschen müssen wissen, ich muss für meine Träume hart arbeiten. Deutschland muss wieder eine Leistungsgesellschaft werden.“
Konkret wurden in der Gesprächsrunde die Vertreter des Handwerks: Der Dresdner Kammerpräsident Jörg Dittrich, Dachdeckermeister und Präsident des Zentralrats des Deutschen Handwerks, und Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller, Inhaberin der Dresdener Backhaus GmbH.
85 Menschen aus 17 Nationen beschäftigt Elisabeth Kreutzkamm-Aumüller. Ohne ausländische Kräfte würde es gar nicht mehr gehen, berichtete sie. Fachkräfte fehlen, weil die bürokratischen Hürden schon bei der Beschäftigung von Berufseinsteigern wie Praktikanten oder Jobbern bereits zu hoch für sie seien, weil zudem viele junge Menschen massive Defizite beim Lesen und Rechnen hätten und weil kein Interesse an höheren Qualifikationen bestehe. Sie habe schon oft versucht, Mitarbeiter zu einer Meisterausbildung zu motivieren – zumeist ohne Erfolg. Auch die Wertschätzung des Berufes fehle, kritisierte die Unternehmerin.
Wir hoffen – glaube ich – alle auf einen Big Bang, und den wird es nicht geben.
Carsten Schneider, Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland
„Wir sind viel zu langsam“, mahnte ZDH-Präsident Jörg Dittrich. Doch neue Ideen, wie man den Fachkräftemangel angehen oder generell eine Unterstützung für das Handwerk anbieten kann, schien niemand zu haben. „Wir hoffen – glaube ich – alle auf einen Big Bang, und den wird es nicht geben“, sagte Carsten Schneider, Beauftragter der Bundesregierung für Ostdeutschland. So endete die Gesprächsrunde eher ernüchternd – ohne konkrete Ideen und mit wenig Zuversicht auf Lösungen.