Die Vollversammlung der Handwerkskammer Halle diskutierte am 25. Juni 2020 die Folgen der Coronakrise für die Handwerksbetriebe im südlichen Sachsen-Anhalt. Auf dem Zusammentreffen der 36 Mitglieder der Vollversammlung wurden Vorschläge diskutiert, wie die Wirtschaft sinnvoll gefördert werden kann. Die Punkte wurden in einem offenen Brief zusammengefasst, den Vollversammlungsmitglieder unterschrieben und der an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier geschickt wurde.
„Sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier,
die Vollversammlung der Handwerkskammer Halle, das satzungsgebende Organ der 13.500 Handwerksunternehmen im südlichen Sachsen-Anhalt hat sich auf seiner Tagung am heutigen Tag mit den Folgen der Eindämmungsmaßnahmen rund um die Coronapandemie auseinandergesetzt.
Die 36 Handwerksvertreterinnen und Handwerksvertreter haben einhellig die vielseitigen Unterstützungsmaßnahmen, von Land und Bund gewürdigt, welche die verordneten Eindämmungen kompensieren sollten. Uns ist klar, ohne diese Maßnahmen, wäre die aktuelle Lage noch weitaus dramatischer. Wir wissen, dass aus den öffentlichen Mitteln Milliarden an die Bevölkerung und die Wirtschaft geflossen sind. Aber wir sagen auch, dass uns immer wieder bewusst sein muss, dass diese Hilfen nur möglich sind, weil in den zurückliegenden Jahren die Unternehmen viele Steuern zahlen konnten. Die Mittel stellen also keine Alimentierung der Unternehmen dar, sondern eine Rückzahlung zuvor eingebrachter Gelder.
Mit dem Ausklang der Soforthilfen sind die Corona-Folgen in der Wirtschaft natürlich noch lange nicht behoben. Vielmehr wird es einen Jahre währenden Prozess geben müssen, um aus dem Tief erneut ein Hoch zu machen. Dabei sollte unser Land Mut zeigen und einen Neustart mit Veränderungen beginnen.
Anregungen dazu haben die Vertreter des Handwerks in der Vollversammlung gegeben, welche unter dem Slogan „Sinnvolle Handwerksförderung kann kostenneutral sein“ zusammengefasst werden können.
I. Der Staat bzw. seine Verwaltungsebenen müssen mehr Vertrauen in die Rechtstreue von Betrieben haben. Wenn der Grundsatz „Ein Rechtsbruch ist durch die Verwaltung nachzuweisen und nicht das rechtmäßige Handeln durch den Betrieb“ umgesetzt würde, könnte eine Vielzahl von Dokumentationspflichten entfallen, welche bürokratischen Aufwand und Frust hervorrufen. Hier würden dem Staat keine Kosten entstehen, und es käme zu einer Entlastung der Unternehmen.
II. Breit umstritten ist auch das Thema „Bonpflicht“, bei dem wir Sie, Herr Bundesminister, als Verbündeten wissen. Eine Abschaffung dieser Pflicht würde Betriebe und Kunden entlasten sowie unsinnigen Müll vermeiden. Dem Staat entstehen keine Kosten, und eine Kontrollmöglichkeit wäre trotzdem gegeben, da alle Eingaben in den elektronischen Kassen gespeichert sein müssen.
III. Ebenso kostenneutral für den Staat, aber eine Unterstützung bei der Liquiditätssicherung der Unternehmen wäre eine Verschiebung des Inkrafttretens der Kassensicherungsverordnung vom 26.9.2017, basierend auf dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 16.12.2016. Wenn der Gesetzgeber das Inkrafttreten der Verordnung um mehrere Jahre nach hinten schieben würde, könnten Unternehmen die für die Anschaffung von neuen Kassensystemen notwendigen Mittel in die Bewältigung der Folgen der Coronakrise stecken. Die jüngste Weigerung des Bundesfinanzministeriums, allein eine die Nichtbeanstandungsregelung für die Aufrüstung von Kassen über den 30. September 2020 hinaus zu verlängern, ist weder sachlich nachvollziehbar noch ist sie gerade in der gegenwärtigen Krisenlage gegenüber unseren Betrieben vermittelbar.
IV. In Zeiten einer angespannten wirtschaftlichen Lage hatte die damalige Bundesregierung zur Sicherung der Sozialkassen die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge verändert. Deren Rückverlegung auf den Folgemonat wäre für den Staat kostenneutral, Einnahmen würden nur verschoben. Für die Unternehmen könnte dieser Schritt aber eine einfachere Handhabung der Lohnzahlungen mit sich bringen. Zudem entstünde so auch kein vorzeitiger Liquiditätsentzug für die Betriebe.
Wir bitten Sie sehr herzlich die Anregungen aus dem Handwerk, der Wirtschaftsmacht von nebenan, wie wir voller Stolz betonen, zu prüfen und in die politische Diskussion zu tragen.“