Handwerk im Portrait Oldtimer für den Film

In seiner Werkstatt in Dessau schraubt Kfz-Meister „Micha“ an vielen alten Autos. Gefahren werden sie teilweise auf Rallyes und an Filmsets.

Michael Henkel mit seinem Citroën C4F
Handwerkskammer Halle/Yvonne Bachmann

Aus der Dessauer Garage auf die Kino-Leinwand. Das haben die Autos von Michael Henkel geschafft – und zwar schon mehrfach. In Waldersee, einem Ortsteil von Dessau, betreibt der Kraftfahrzeugmechanikermeister seine Werkstatt und bietet dort den klassischen Service an: Reparatur, Wartung, Ersatzteilverkauf und vieles weitere. Doch wenn Michael Henkel nicht im Betrieb ist, dann kann man ihn an eher ungewöhnlichen Orten antreffen, nämlich auf der Rennstrecke und an Filmsets. „Ich habe eine Rallye-Macke“, sagt der 61-Jährige über sich selbst. Schon seit 1985 fährt er Rallyes, zu DDR-Zeiten im Trabant und heute mit Lada VFTS und Skoda 120s. Und weil er sich mit der Thematik auskennt, bietet Micha, wie ihn fast alle nennen, in seiner Werkstatt auch Service und Beratung zum Thema Motorsport an.

Alte Schätze

Aber was hat das jetzt mit Kino zu tun? Hier kommt sein zweites Hobby ins Spiel. Denn abgesehen von der Rallye-Macke habe er auch eine Trabant-Macke, sagt der Autofan. Und nicht nur das. Neben diversen Trabant-Modellen besitzt er etliche weitere Klassiker. Ladas, Wartburg, Zastava, alte VW-, Opel- und Ford-Modelle aus den 80er Jahren, aber auch Autos, die fast 100 Jahre alt sind, hat er über die Jahre gekauft. So nennt Michael Henkel zum Beispiel einen Peugeot 201, Baujahr 1932, und einen Citroën C4F, Baujahr 1933 sein Eigen. Alle Fahrzeuge sind an verschiedenen Standorten in Dessau untergebracht, kommen aber immer wieder einmal zum Einsatz. Denn der Kfz-­Meister verleiht sie an Filmproduktionen.

Michael Henkel in seinem Lada VFTS, einer Replik des DDR-Meisterautos von 1987
Michael Henkel

Über 70 Filme und Serien

„Ich bin im Jahr 2005 durch Zufall zum ersten Dreh gekommen. Das war für den Film ,Heimweh nach drüben‘ mit dem Schauspieler Wolfgang Stumph. Seitdem ist das Ausleihen der Fahrzeuge ein Hobby“, berichtet Micha. In mehr als 70 Filmen und Serien waren seine Autos inzwischen dabei. Viele dieser Produktionen sind sehr bekannt, wie etwa die Serie „Weißensee“, in der ein Trabant von Michael Henkel als Auto des Tischlers und ein Lada als Stasi-Wagen zu sehen sind. Einen Ford Sierra verlieh Micha für den Film „Ich bin Dagobert“, der vom bekannten Kaufhaus­Erpresser Arno Funke handelt. Auch für die Serie „Babylon Berlin“, den Kinofilm „Girl you know it’s true“ über die Band Milli Vanilli und die Netflix-Produktion „Kleo“ mit Schauspielerin Jella Hasse stellte er Fahrzeuge zur Verfügung. In der ZDF-Serie „Doktor Ballouz“ fährt der Arzt schon seit mehreren Staffeln mit Michas blauem Trabi durch die Uckermark.

Es ist wie ein Zirkus, aber im positiven Sinne – Michael Henkel

Auch bei amerikanischen Produktionen in Deutschland war der Dessauer schon dabei, zum Beispiel in den Filmstudios Babelsberg bei Potsdam beim Dreh für „Monuments Men“ mit George Clooney oder beim Steven-Spielberg-Film „Bridge of Spies“. Bezahlt werde der Fahrzeugverleih mal gut und mal weniger gut. Aber ihm gehe es auch mehr um den Spaß, sagt Micha. „Es ist wie ein Zirkus, aber im positiven Sinne“, beschreibt er das Filmgeschäft. Über das Leben am Set weiß er einiges zu erzählen, wirkt dabei aber sehr bescheiden.

Prominente kennengelernt

Oft transportiert Michael Henkel die Fahrzeuge nur zum Set, platziert sie dort und übernimmt den technischen Service. Hin und wieder kommt er aber auch als Double zum Einsatz. „Es gab schon Schauspieler, die keinen Führerschein hatten, und dann bin ich die Wagen auch mal selbst gefahren“, berichtet er. Über die Jahre traf er auch schon viele Prominente. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm die Begegnung mit Götz George beim Dreh des Films „Deckname Luna“ im Jahr 2012. „Zu mir wurde gesagt, ob ich dem Götz mal beibringen kann, wie man das Auto fährt“, erinnert er sich. „Das war eine seltsame Situation, denn für mich war er ein ganz großer Schauspieler. Er war aber ganz entspannt und wir haben uns sogar geduzt.“

Positive Lebenseinstellung

Über die Möglichkeit, immer wieder bei Drehs dabei zu sein und so eine schöne Abwechslung zum Berufsalltag zu haben, freut sich Michael Henkel. Er habe oft Glück gehabt im Leben, sagt er. Im Jahr 1990 überschlug er sich bei der „Rallye Wartburg“ mit seinem Trabant 601, kam aber glimpflich davon. Im Jahr 2002, als das Hochwasser Waldersee überschwemmte, war auch er betroffen, bekam aber viel Unterstützung beim Wiederaufbau. Auch bei der Erweiterung seines Betriebsgeländes und bei vielen seiner Autokäufe habe er einfach Glück gehabt, findet Micha. Mit dieser positiven Lebenseinstellung und seiner Leidenschaft für Fahrzeuge aller Art bleibt er auch weiterhin aktiv – in der Werkstatt, auf der Rallye-Strecke und am Filmset.