Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege im Steuer- und Handelsrecht
Bisher waren Buchungsbelege grundsätzlich zehn Jahre aufzubewahren. Das BEG IV verkürzt die Aufbewahrungsfrist für diese Belege auf acht Jahre (§ 147 Abs. 3 AO, § 257 Abs. 4 HGB). „Handelsbriefe“ (Vertragsdokumente, Schriftwechsel etc.) sind sechs Jahre aufzubewahren. Die Erleichterung gilt für alle Unterlagen, deren Aufbewahrungsfrist am Tag nach der Verkündung des BEG IV noch nicht abgelaufen ist.
Die umsatzsteuerliche Frist zur Aufbewahrung von Rechnungen gem. § 14b Abs. 1 Satz 1 UStG wird an die neue Frist angepasst und gilt auch für bereits ausgestellte und empfangene Rechnungen.
Bekanntgabe von Steuerbescheiden
Die Neufassung des § 122a Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung sieht vor, dass Steuerbescheide u. a. Verwaltungsakte dem Steuerpflichtigen oder einer von ihm bevollmächtigten Person bekannt gegeben werden, indem sie nach Maßgabe des § 87a Abs. 8 AO zum Abruf bereitgestellt werden. Mit der ab 1. Januar 2026 geltenden Neuregelung entfällt die Notwendigkeit der Einwilligung des Empfängers des Verwaltungsakts; sie wird durch eine Widerspruchslösung ersetzt.
Zentrale Vollmachtsdatenbank der Steuerberaterinnen und Steuerberater
Arbeitgeber müssen ihren Steuerberatern nicht mehr zahlreiche schriftliche Vollmachten für die jeweiligen Träger der sozialen Sicherung ausstellen. Ausreichend ist eine Generalvollmacht, die in der Vollmachtsdatenbank elektronisch eingetragen und von allen Trägern der sozialen Sicherung abgerufen werden kann.
Verrechnungspreisdokumentation und Transaktionsmatrix
§ 90 Abs. 3 AO wird ab dem 1. Januar 2025 neu strukturiert und die einzelnen Aufzeichnungspflichten (Transaktionsmatrix, Sachverhaltsdokumentation und Angemessenheitsdokumentation) numerisch untergliedert. Wesentlicher neuer Bestandteil der Aufzeichnungen in § 90 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 AO ist eine Transaktionsmatrix, die in der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung näher spezifiziert werden soll und in der Betriebsprüfungspraxis in Teilen schon zur Anwendung gelangt. In dieser Transaktionsmatrix sind anzugeben
- der Gegenstand und die Art der Geschäftsvorfälle,
- die an den Geschäftsvorfällen Beteiligten unter Kennzeichnung von Leistungsempfänger und Leistungserbringer,
- das Volumen und das Entgelt der Geschäftsvorfälle,
- die vertragliche Grundlage,
- die angewandte Verrechnungspreismethode,
- die betroffenen Steuerhoheitsgebiete und,
- ob Geschäftsvorfälle nicht der Regelbesteuerung im betreffenden Steuerhoheitsgebiet unterliegen.
Nach § 90 Abs. 4 Satz 3 AO sind innerhalb der Frist von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung ohne gesondertes Verlangen nicht mehr alle (Verrechnungspreis-) Aufzeichnungen, sondern nur noch
- die Transaktionsmatrix,
- die Stammdokumentation sowie die
- Aufzeichnungen über außergewöhnliche Geschäftsvorfälle
vorzulegen. Gleichwohl kann die Finanzbehörde im Rahmen der Außenprüfung jederzeit die Vorlage weiterer Aufzeichnungen zu verlangen. Bei Nichtvorlage der Transaktionsmatrix ist nach § 162 Abs. 4 Satz 1 AO grundsätzlich ein Zuschlag i. H. v. 5.000 EUR festzusetzen.
Weitere Änderungen, die auf eine Vereinfachung von Verwaltungsabläufen beziehungsweise deren Beschleunigung abzielen, sind u.a.:
Die Geltungsdauer von Freistellungsbescheinigungen bei der Kapitalertragsteuer und beim Steuerabzug bei beschränkt Steuerpflichtigen wird von drei auf fünf Jahre verlängert (ab VZ 2024).
Die Stichprobenprüfung von Einkünften aus Kapitalvermögen bei der Grundrente nach SGB VI wird abgeschafft.
Es wird die Möglichkeit der angemessenen Verkürzung der Äußerungsfrist im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung geschaffen.
Es wird klargestellt werden, dass Notare, die Erklärungen im Zusammenhang mit einer Unternehmensgründung beurkunden oder beglaubigen, befugt sind, für die Beteiligten Anzeigen zu erstatten, Mitteilungen vorzunehmen und Anträge zu stellen, die im Zusammenhang mit der Gründung stehen.
Änderungen im Umsatzsteuergesetz
Ab 1. Januar 2025 wird der Schwellenwert für die USt-Voranmeldung gem. § 18 Abs. 2, 2a UStG von 7.500 EUR auf 9.000 EUR Umsatz im Kalenderjahr angehoben. Wird der Schwellenwert nicht überschritten, muss die Umsatzsteuer-Voranmeldung nur vierteljährlich abgegeben werden.
Ebenfalls ab 1. Januar 2025 wird die Bagatellgrenze bei der Differenzbesteuerung von 500 EUR auf 750 EUR in § 25a Abs. 4 UStG angehoben.
Änderungen im BGB (ab 1. Januar 2025)
- Vereinsrecht: Beschlussfassungen sind auch in Textform gültig
- Versteigerung „hinterlegungsfähiger Sachen“ (§ 383) wird neu geregelt (Neu z. B. „virtuelle öffentliche Versteigerung“ und „hybride öffentliche Versteigerung“)
- Das Schriftformerfordernis für Gewerberaum-Mietverträge und Landpachtverträge wird gestrichen.
- Vermieter können bei Betriebskostenabrechnungen die Belege auch digital zur Einsichtnahme bereitstellen.
- Ein Arbeitszeugnis kann mit Einwilligung des Dienstverpflichteten in elektronischer Form erteilt werden.
Die Handwerksordnung wird wie folgt geändert:
- § 119 Absatz 6 Satz 2 wird aufgehoben (Übergangsvorschrift für den Abschluss der vor 2004 begonnenen Meisterprüfungsverfahren)
- § 124a wird aufgehoben (Übergangsvorschrift für Vollversammlungswahlen aus 2004 und 2020)
- Die Verordnung über das Schlichtungsverfahren nach § 16 HwO wird aufgehoben.
- Die Verordnung über die Gründung, Tätigkeit und Umwandlung von Produktionsgenossenschaften des Handwerks wird aufgehoben.
Gewerbeordnung
Die Gewerbeordnung wird in Hinblick auf die Erteilung von Arbeitszeugnissen dahingehend geändert, dass ein Zeugnis mit Einwilligung des Beschäftigten in elektronischer Form erteilt werden kann.
Weitere Gesetzesänderungen
Auch im Wirtschaftsrecht und in verschiedenen berufsrechtlichen Bestimmungen werden Schriftformerfordernisse herabgestuft; dort gilt künftig überwiegend die Textform (gilt ab dem ersten Tag des auf die Gesetzesverkündung folgenden Quartals). Insgesamt wurden 19 Gesetze geändert, so u. a.
Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz: Die Textform wird für Anträge auf Elternzeit eingeführt.
Arbeitnehmende dürfen während der Elternzeit nicht mehr als 32 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats erwerbstätig sein. Die Ausübung einer Teilzeitarbeit bei einem anderen Arbeitgeber oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach Satz 1 bedürfen der Zustimmung des Arbeitgebers. Dieser kann seine Zustimmung nur innerhalb von vier Wochen nach der Beantragung aus dringenden betrieblichen Gründen in Textform verweigern. (ab 1. Mai 2025)
Nachweisgesetz:
Die wesentlichen Arbeitsbedingungen (oder Änderungen) im Sinne des § 2 NachwG können in Textform abgefasst und elektronisch an die Arbeitnehmenden übermittelt werden. Dies gilt allerdings nur dann, wenn
- das Dokument für die Arbeitnehmenden zugänglich ist,
- es gespeichert und ausgedruckt werden kann und
- der Arbeitgeber die Arbeitnehmenden mit der Übermittlung auffordert, einen Empfangsnachweis zu erteilen.
Die Übermittlung ist individuell an den jeweiligen Arbeitnehmenden zu versenden; eine allgemeine Bekanntmachung der wesentlichen Arbeitsbedingungen gegenüber der Belegschaft reicht nicht aus.
Versendet der Arbeitgeber die wesentlichen Arbeitsbedingungen oder den Arbeitsvertrag, der diese Angaben enthält, per E-Mail an einen Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin, muss er die E-Mail mit einer Empfangsbestätigungsfunktion versehen. Dies soll den Zugang des Nachweises bei den Arbeitnehmenden ermöglichen. Ein zusätzlicher Nachweis der Arbeitsbedingungen entfällt dann (§ 2 Abs. 5 NachwG).
Ausnahme: Die Möglichkeit der Textform und der elektronischen Übermittlung gilt jedoch nicht für Unternehmen, die in einem Wirtschaftsbereich oder Wirtschaftszweig nach § 2a Absatz 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (Baugewerbe, Gaststättengewerbe, Gebäudereinigungsgewerbe oder die Fleischwirtschaft) tätig sind; diese müssen die Arbeitsbedingungen auch weiterhin in Schriftform zur Verfügung stellen.
Achtung: Befristungsvereinbarungen bedürfen gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG auch weiterhin der Schriftform.
Arbeitszeitgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz:
Die Gesetzestexte sind „über die im Betrieb oder in der Dienststelle üblichen Informations- und Kommunikationstechnik zur Verfügung zu stellen“ oder an geeigneter Stelle im Betrieb oder in der Dienststelle zur Einsicht auszulegen oder auszuhängen. In gleicher Weise sind Jugendliche über Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit und der Pausen zu informieren (nur in Betrieben ab 3 Jugendliche).
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz:
Der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher kann auch in Textform abgeschlossen werden.
Weitere Erleichterungen und Streichung überflüssiger Vorschriften
- Die Änderungen im Siebten Buch Sozialgesetzbuch und die Folgeänderungen in der Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung schaffen einen vereinfachten, einheitlichen Meldeweg für Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung (Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten).
- Durch eine Ergänzung der BNotO wird klargestellt, dass Notare, die Erklärungen im Zusammenhang mit einer Unternehmensgründung beurkunden oder beglaubigen, befugt sind, für die Beteiligten Anzeigen zu erstatten, Mitteilungen vorzunehmen und Anträge zu stellen, die im Zusammenhang mit der Gründung stehen.
Weitere Änderungen betreffen das: StrahlenschutzG, SGB II, III, IV, V, VI und VII, ArzneimittelG, das Gesetz zur Modernisierung des Pass-, des Ausweis- und des ausländerrechtlichen Dokumentenwesens und die Aufhebung des Gesetzes zur Stärkung der Sicherheit im Pass-, Ausweis- und ausländerrechtlichen Dokumentenwesen, Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, …
Die Gesetzesänderungen treten i.d.R. am 1. Januar 2025, einige aber gestaffelt und zeitverzögert in Kraft (einige am Tag nach der Verkündung, andere erst am 01.01.2030 (SGB VI)).
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