
Mit großer Verwunderung haben wir als Handwerkskammer die Berichterstattung der letzten Tage über unseren Mitgliedsbetrieb, die Fleischerei Barner, verfolgt. Was war passiert: Vor der Hauptfiliale warb ein Schild fürs Mittagsangebot. Das Schnitzel mit Bratkartoffeln und Spiegelei kostete 8,88 Euro. Passanten unterstellten der Fleischerei eine rechtsextreme Einstellung, denn der Zahlencode 88 steht für „Heil Hitler“ – das H ist der achte Buchstabe des Alphabets. Das Gericht wurde für den Preis am 9. Mai angeboten – an diesem Datum wird in Russland der „Tag des Sieges“ über das nationalsozialistische Deutschland begangen. Dies fiel den wenigen Passanten auf, die sich daraufhin an die Mitteldeutsche Zeitung wandten.
Die Passanten haben nicht bei der Fleischerei nachgefragt, wie der Preis zustande komme, ob er mehr zu bedeuten hätte oder ob auch das Datum unglücklicher Zufall gewesen sei – darauf sind die Passanten nicht gekommen. Sie witterten gleich einen Skandal, und damit es tatsächlich einer wird, muss er in die Öffentlichkeit – in diesem Fall: die Presse – gelangen. Wären die Passanten einfach in die Filiale gegangen und hätten nach der Preispolitik gefragt und dargestellt, was daran problematisch sein könnte, hätten sich vielleicht gleich mehrere Dinge erfahren. 1. Datum und Preis stehen in keinem Zusammenhang. 2. Jedes Gericht setzt sich aus den Preisen der einzelnen Komponenten zusammen – in diesem Fall Schnitzel, Spiegelei, Bratkartoffeln. 3. Vielleicht hätten sie dann auch einen der syrischen Mitarbeiter oder vietnamesischen Auszubildenden angetroffen. „Wir sind weltoffen“, sagt Betriebsinhaber Torsten Barner, der den Anschuldigungen fassungslos entgegensteht.
Lasst uns doch einfach die 8 als natürliche Zahl streichen!
Dirk Neumann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle
Mit anderen Worten: Wir haben hier einen Skandal, der keiner ist. Aber es gibt seit einigen Jahren eine Kultur der Aufregung: Man empört sich ohne Sachkenntnis, beschuldigt jemanden und tritt dies in der Öffentlichkeit breit. Oft wird dabei in Kauf genommen oder sogar beabsichtigt, den Ruf einer Person zu schädigen – in diesem Fall kann es für einen Handwerksbetrieb geschäftsschädigend sein. An einem Betrieb hängen Arbeitsplätze, hinter diesen Arbeitsplätzen reale Personen mit Familien, die vom Job leben. Vielleicht sollten die Passanten das nächste Mal sich ein wenig mehr Mut leisten und einfach mal freundlich nachfragen und zuhören. Und wenn das nicht hilft, haben wir noch einen Vorschlag zur Güte: Lasst uns doch einfach die 8 als natürliche Zahl streichen!