
Im Frühling 2023 fing Hörakustiker Tim Blauschmidt mit der Suche nach eigenen Geschäftsräumen an, heute gehen die Kunden bei ihm ein und aus, als wäre es schon immer so gewesen. „Ich wurde bestens bedient und beraten“, ruft ein älterer Herr ihm beim Abschied noch zu.
Seit Dezember 2023 führt Tim Blauschmidt sein Geschäft in der Merseburger Straße 135 in Halle. Hier hat er seinen Traum von der Selbstständigkeit verwirklicht und will den Kunden sowohl klassischen Service als auch Leistungen anbieten, die in der Stadt so noch nicht angeboten werden. Dabei greift er auf fast 20 Jahre Berufserfahrung zurück – Wissen, das er mit neuen Kenntnissen über Entwicklungen in seinem Gewerk kombiniert. Während eines Praktikums bei einem großen lokalen Hörgerätestudio merkt Tim Blauschmidt als Jugendlicher, dass der Beruf des Hörakustikers, damals noch Hörgeräteakustikers, zu ihm passt. Er bewirbt sich dort um eine Lehrstelle und arbeitet auch nach der Ausbildung noch drei Jahre als Geselle für den Arbeitgeber. Danach zieht es ihn in den Norden. „Dort habe ich bis 2011 meinen Meister in Vollzeit absolviert“, erzählt Tim Blauschmidt. Die Prüfung erfolgte über die Handwerkskammer Halle.
Andere Perspektive als audiologischer Produkttrainer
Wieder zurück in Halle arbeitet der Hörakustikermeister bei seinem Arbeitgeber weiter, bei dem er auch während der Meisterschule fest angestellt war. Bis 2018 sammelt er in verschiedenen Filialen des Betriebes weiter Erfahrung, leitet auch mehrere davon. 2019 wechselt Tim Blauschmidt einmal die Perspektive. Als audiologischer Produkttrainer ist er für einen Hörgerätehersteller im Außendienst tätig. „Ich habe in ganz Ostdeutschland Akustiker geschult und ihnen neues Wissen zu Software, Geräten und Zubehör vermittelt“, berichtet er. Er habe viel Erfahrung sammeln, einmal etwas anderes sehen können und sei mit vielen Kollegen in Kontakt gekommen.
Ich habe in ganz Ostdeutschland Akustiker geschult – Tim Blauschmidt
Nach fast zwei Jahrzehnten im Angestelltenverhältnis möchte Tim Blauschmidt jedoch seinen eigenen Betrieb gründen. Im Frühjahr 2023 beginnt er nach passenden Räumen zu suchen. „Mein Plan, zentral in Halle etwas zu finden, ging leider nicht auf. Aber hier in der Merseburger Straße kommen auch viele Menschen vorbei und die Straßenbahn hält direkt vor der Tür“, sagt er. Bei den Vorbereitungen für die Selbstständigkeit erhielt Tim Blauschmidt kostenfreie Unterstützung von der Handwerkskammer Halle. Betriebsberater Andreas Baer beriet ihn unter anderem in puncto Mietvertrag und brachte mit ihm gemeinsam den Antrag für die Meistergründungsprämie auf den Weg. Wer als Meister in Sachsen-Anhalt ein Geschäft gründet und mindestens 15.000 Euro investiert, erhält vom Land 10.000 Euro zurück.
Die Gründung erfolgte im Dezember 2023 und seitdem steht der Laden offen für bekannte und neue Kunden. Durch die großen Schaufensterscheiben kann man schon von außen einen Blick in das Geschäft werfen. Dort ist alles in modernem, hochwertigem Design und nach eigenem Entwurf von Tim Blauschmidt gestaltet. Den Empfangstresen hat er sogar selbst gebaut. Nicht nur optisch setzt der Unternehmer auf Aktualität. Auch mit seinem Angebot will er auf dem neusten Stand sein. In seinem Gewerk hat sich seit seiner Ausbildung viel verändert.
Ich fräse noch Ohrstücke selbst, aber der Großteil der Geräteherstellung erfolgt heute über externe Hersteller. – Tim Blauschmidt
Vertraut mit den Kunden
„Digitalisierung muss man wollen. Ich finde es spannend, wie sich alles weiterentwickelt“, sagt er. Für ihn bedeutet das aber auch, dass er weniger Handwerk macht als früher. „Ich fräse noch Ohrstücke selbst, aber der Großteil der Geräteherstellung erfolgt heute über externe Hersteller.“ So bleibe ihm aber mehr Zeit für die Kunden, die er übrigens auf Wunsch auch zu Hause betreut. Man sei vertraut mit den persönlichen Geschichten und die Arbeit habe auch etwas Psychologisches, findet Tim Blauschmidt.
Seinen Kunden bietet er Hörgeräte aller Hersteller an. Teilweise sind die Geräte heute schon in Ohrringe eingebaut. „Dazu bieten wir dann sogar die passende Halskette an“, berichtet er. Als einziger Laden in Halle bietet Blauschmidt Hörakustik derzeit auch ein Hörtraining an. Das Training erfolgt mit einem Lautsprecher, den man über die Schulter legt, sowie mit einem Tablet.

Über einen Zeitraum von vier Wochen trainiert man das Hören etwa 45 Minuten am Tag mithilfe von künstlicher Intelligenz. So wird unter anderem das fokussierte Hören gefördert. „Das Gerät kommt zum Beispiel zum Einsatz, wenn jemand sein Hörgerät neu erhalten hat und damit noch nicht so gut hören kann, wie es sein soll, oder wenn jemand noch kurz vor der Schwelle zum Hörgerät steht“, erklärt Tim Blauschmidt.
Zweiter Meister im Laden
In seinem Laden arbeitet er übrigens nicht allein. Mit Simeon Frank hat er nicht nur einen zweiten Meister eingestellt, sondern auch einen ehemaligen Arbeitskollegen. Auch mit seiner Frau Sindy will Tim Blauschmidt in Zukunft zusammenarbeiten. „Meine Frau ist Wellness-Botschafterin und wird hier im Laden Vorträge halten, zum Beispiel über ätherische Öle“, berichtet der Vater von zwei Kindern. Für die weitere Zukunft könnte sich Tim Blauschmidt auch vorstellen, selbst Hörakustiker auszubilden. Auch in weitere moderne Technik würde er irgendwann gern investieren – zum Beispiel in einen digitalen Scanner für die Ohren oder auch in einen modernen 3D-Drucker.
Für den Moment ist Tim Blauschmidt jedoch zufrieden mit all dem, das er bisher erreicht hat. Nach 20 Jahren ist er nun sein eigener Chef.