Es stellt eine Ungleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten im Vergleich zu Vollzeitbeschäftigten dar, wenn Teilzeitkräften ein Überstundenausgleich nur dann gewährt wird, wenn sie die Arbeitszeit von Vollzeitangestellten überschreiten. Etwas anderes gilt nur, wenn die unterschiedliche Behandlung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei.
Das BAG-Urteil erging in Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 29. Juli 2024 (Az.: C-184/22 und C-185/22. Der EuGH hatte festgestellt, dass Regelungen, nach denen Teilzeitbeschäftigte nur dann Überstundenzuschläge erhalten sollen, wenn sie die reguläre Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten überschreiten, eine Ungleichbehandlung gegenüber Vollzeitbeschäftigten beinhalten können, wenn keine objektiv rechtfertigenden Gründe für diese unterschiedliche Behandlung vorlägen. Eine einheitliche Zuschlagsregelung könnte Teilzeitkräfte strukturell benachteiligen, falls sie eine höhere Schwelle erreichen müssten, um Zuschläge überhaupt zu erhalten.
Geklagt hatte eine Pflegekraft, deren vertraglich vereinbarter Arbeitszeitumfang nur 40 % einer Vollzeitkraft betrug. Sie hatte fast 130 Überstunden angehäuft und verlangte von Ihrem Arbeitgeber eine entsprechende Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto sowie Überstundenzuschläge, was der Arbeitgeber verweigerte. Er begründete dies mit Hinweis auf den Manteltarifvertrag, wonach nur Überstunden, die über die monatliche Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers hinaus geleistet werden und im jeweiligen Kalendermonat nicht durch Freizeitgewährung ausgeglichen werden können, mit einem Zuschlag von 30 Prozent zuschlagspflichtig sind; alternativ ist auch eine Zeitgutschrift im Arbeitszeitkonto möglich.
Das BAG sprach der Klägerin die geforderte Zeitgutschrift zu, denn die tarifvertragliche Überstundenregelung des MTV sei wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 TzBfG unwirksam. Darüber erhielt die Klägerin eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 250,00 Euro. Grund: Die Anwendung des § 10 Ziff. 7 Satz 2 MTV benachteilige die Klägerin mittelbar wegen des Geschlechts, denn in der Gruppe der Teilzeitbeschäftigten, die beim Beklagten unter den Anwendungsbereich des MTV fielen, befänden sich zu mehr als 90 Prozent Frauen.
Dieses neue Urteil stellt eine Abkehr von der bisherigen Arbeitsrechtspraxis dar. Es ist nicht auszuschließen, dass eine Anpassung von zahlreichen Tarifverträgen erforderlich wird.